Buchempfehlung "The Myth of Normal" von Dr. Gabor Maté

Ich habe die Arbeit und Bücher von Dr. Gabor Maté vor gut 4 Jahren entdeckt und bin äusserst dankbar dafür. Er ist ein renommierter, in Kanada lebender Experte für Themen wie Sucht, Trauma, Krankheit, Stress und kindliche Entwicklung. Es gibt kaum Podcasts oder Youtube-Videos mit ihm, die ich mir nicht angehört oder angeschaut habe. Seine Bücher «Wenn der Körper nein sagt – wenn verborgener Stress krank macht und was Sie dagegen tun können» und «In the realm of hungry ghosts» waren auf vielen Ebenen augenöffnend. Dank ihm habe ich nochmals ein tieferes Verständnis für meine eigene Lebensgeschichte entwickelt und Zusammenhänge erkannt, diese mit mehr Sinnhaftigkeit und Selbstmitgefühl anzureichern. Zudem habe ich Einblicke in physiologisches und «medizinisches» Wissen erhalten, auf das ich nicht mehr verzichten möchte. Leider sind nicht alle seiner Bücher auf Deutsch erhältlich.

 

Am 13. September ist Gabor Maté’s neustes Buch erschienen, das er zusammen mit einem seiner Söhne geschrieben hat: «The Myth of Normal – trauma, illness & healing in a toxic culture» (Die deutsche Version erscheint im Mai 2023). Die Inhalte des Buches basieren nicht nur auf seiner persönlichen langjährigen Erfahrung als Arzt und Heiler, sondern auch auf 10 Jahren Research und unzähligen Interviews mit Medizinern aus verschiedensten Disziplinen, Forschern, Psychiatern, Psychologen, Therapeuten und Menschen, die ihre ganz persönliche Geschichte von Krankheit und Heilung erzählen.

 

Das Buch ist so «dicht»; ich werde es noch weitere Male lesen müssen, um all die dargelegten Informationen ganz absorbieren zu können. Jedes Kapitel ist eine Einladung für sich, um vieles, was wir insbesondere in der westlichen, wissenschaftlich und rational dominierten Welt als «normal» bezeichnen aus einer aufrüttelnden Perspektive zu betrachten, drastisch zu hinterfragen und zu realisieren wie viel wissenschaftlich basierte Evidenz bestätigt, dass «normal» alles andere als holistisch gesund ist; sowohl auf einer individuellen als auch gesellschaftlichen Ebene.

 

So sehr das Buch unter die Haut geht, so sehr macht es Hoffnung und inspiriert uns den Weg der Selbsterkenntnis und (Selbst)Heilung voller Mut, Zuversicht, Selbstbeststimmung und Selbstmitgefühl zu gehen. Und wir alle sind auf die eine oder andere Art vom Leben verletzt und gezeichnet worden.

 

«Heilung fließt, wenn wir in der Lage sind, diese verletzende Welt als Spiegel für unseren eigenen Schmerz zu betrachten und anderen zu erlauben, sich ebenfalls in uns zu spiegeln - Wiedererkennung ebnet so den Weg für Verbundenheit.» (Zitat aus Myth of Normal).

 

Meine persönliche Lebensgeschichte und mein Weg haben mich genau das gelehrt sowie echte Heilung als einen Prozess zu verstehen, der Zeit braucht und der viel tiefer geht als «physisch (wieder) gesund zu sein». Ein Weg, der alles andere als einfach ist, doch der wohl sich lohnendste überhaupt. Und genau das erlebe ich auch in meiner Arbeit mit Menschen.

 

Ich habe hunderte von Büchern gelesen, dieses ist mit Sicherheit eines der wichtigsten.

Aneesha Nadia von Gunten